31. Auktion für Historische Wertpapiere Teil 1 - 26 October 2013 - page 94

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erneut unter Beweis gestellt hat, auch nicht das
letzte Mal in der Geschichte -, dass große Teile
der Bevölkerung Hab und Gut im Spekulations-
rausch verloren. Die Südsee-Gesellschaft über-
lebte dank Sanierungsmaßnahmen die Spekula-
tionsblase noch bis 1853.
Mindestgebot / minimum bid:
300 €
Los 850
VF
Nuovo Monte Sussidio Vacabile della Città
Firenze
Florenz, 13.11.1705, Monte Sussidio Vacabile über
3 Luoghi á 100 Dukaten, o. Nr., 19,5 x 25,7 cm,
schwarz, beige, Druck auf Pergament, Knickfal-
ten, papiergedecktes Siegel (Flauschen fehlen
teils), OU, Holzstich-Vignetten rechts und links
mit jeweils drei Broten, in der Mitte das Wappen
der Medici. Die sechs Perlen im Wappen symbo-
lisieren vermutlich Pillen, sofern - wie der Name
Medici andeutet - die Vorfahren tatsächlich Me-
diziner waren.
Diese Variante ist nicht bei Hiel-
scher verzeichnet.
Alle italienischen Vorgründerstaaten (das heuti-
ge Italien entstand erst 1861 und 1870) und hier
vor allem die Kirche, hatten großen Finanzbe-
darf. Dabei machte die Toskana mit ihrer Haupt-
stadt Florenz keine Ausnahme. Die Anleihe ist
neben dem geschichtlichen Hintergrund und
dem Alter auch ihre Gestaltung interessant. Im
mittleren Teil des Zertifikates ist das Wappen der
Medici zu sehen, rechts und links Brotsymbole.
Die Medici waren durch Bankgeschäfte reich
geworden und erlangten 1434, zunächst ohne
Fürstentitel, die Herrschaft über Florenz. 1531
wurden sie Herzöge von Florenz und 1569 Groß-
herzöge der Toskana. So wurden sie schließlich
zur reichsten und politisch bedeutendsten flo-
rentinischen Familie. Der Name Medici wurde
zu einem Synonym für ungeheuren Reichtum.
Lesen Sie hierzu auch: „Die florentinischen
Monti“ von Prof. Dr. Udo Hielscher, erschienen
im Verlag der HWPH AG.
Mindestgebot / minimum bid:
750 €
Los 851
EF
Transkription liegt bei, signiert Maria Elenora
Gräfin Volkra geb. Gräfin von Mollarth.
Peter Ernst Reichsgraf von Mollard erhielt durch
das Erbe seiner Frau, einer Tochter des Hofkam-
mersekretärs Vinzenz Muschinger die Herr-
schaft Gumpendorf vor den Stadtmauern Wien
sowie die Herrschaft Rosenburg im Waldviertel.
Mindestgebot / minimum bid:
1.000 €
Los 849
VF
New South-Sea Annuities
London, 23.10.1764, New South Sea Annuities
über £ 1.000 at 82 3/4, 15,5 x 19,3 cm, schwarz,
rot, Knickfalten, links oben Papierverlust.
Im August 1711 wurde die South Sea Company
gegründet. Das Gründungskapital schoss die
Gesellschaft dem englischen Staat als Kredit vor
und erhielt im Gegenzug zahlreiche Privilegien
für den Handel mit Südamerika. Dort war bisher
Spanien die vorherrschende Macht. In den ersten
beiden Jahren nahm die South Sea Company al-
lerdings nur sechs Prozent Zins vom Staat ein.
1713 erwarb die Firma dann die von Frankreich
im Frieden von Utrecht gewährte Asiento vom
englischen Staat. So durfte die South Sea Com-
pany jährlich 4.800 Sklaven in die spanischen
Kolonien Südamerikas liefern. Das Geschäft
und der Aktienkurs kamen dadurch langsam in
Fahrt. Der Kurs bewegte sich zuvor lange Zeit bei
75 bis 80 Prozent. Zur richtigen Hausse setzten
die Aktienkurse allerdings erst Anfang 1720 an,
als bekannt wurde, dass die South Sea Company
weitere Staatsschulden übernimmt. Gleichzeitig
ließ sie sich das Recht einräumen, das Kapital
so oft zu erhöhen, wie sie wollte. Zudem war sie
bei der Wahl des Ausgabepreises frei. Der Kurs
zog in den folgenden Monaten auf mehr als 300
Prozent an. Es folgten weitere, sehr erfolgreiche
Aktienemissionen. Anfang Juli 1720 kletterte der
Kurs auf 800 Prozent. Noch im gleichen Monat
wurde eine Mega-Emission von fünf Millionen
zum sagenhaften Kurs von 1.000 Prozent durch-
geführt. Das London Journal schrieb damals:
?Das Getümmel unserer Schaumschläger an
der Börse ist diese Woche so groß gewesen, dass
es alle bisher gekannten Ausmaße übertraf. Es
war nur noch ein Rennen von einem Kaffeehaus
zum anderen, von einer Taverne zur nächsten,
um Aktien zu zeichnen, zu unterschreiben,
ohne die Prospekte zu prüfen. Der allgemeine
Ruf lautete: Lasst uns um Gottes Willen zeich-
nen und unterschreiben, es ist ja gleichgültig,
was!? Im Windschatten der Südsee-Gesellschaft
wurden weitere Unternehmen gegründet. Max
Wirth hat in seinem 1874 erschienenen Buch
?Die Geschichte der Handelskrisen? insgesamt
202 Gründungen ausgemacht. Doch zurück zur
South Sea Company: Bei Kursen um 1.100 Pro-
zent wurde im Juli 1720 die Luft dünn. Die er-
sten Verkäufer traten auf den Plan. Bereits einen
Monat nach dem Top hatte das Papier ein Drittel
an Wert verloren. Zwei Monate später stand es
gar bei nur noch einem Zehntel seines Rekord-
standes. Mit Krediten arbeitende Spekulanten
wurden unter ihren Schulden begraben, diverse
Banken stellten ihre Zahlungen ein, und selbst
die Bank von England geriet in Schwierigkeiten.
Es war das erste Mal - und wie der Neue Markt
Los 847
VF
Kaiser Karl VI. (Schlesische Anleihe)
Amsterdam, 06.01.1734, 6 % Obligation über
1.000 Gulden, #130, 38,3 x 24,5 cm, 4 Seiten,
schwarz, weiß, Druck auf Büttenpapier, Knickfal-
ten (geviertelt), papiergedecktes Siegel,
Quittung
über Zinszahlungen bis 1741, Original-Signatur
des Amsterdamer Bürgermeisters und Bankiers
Willem Giedeon Deutz.
Die Habsburgerkaiser befanden sich in ständi-
gen Geldnöten. Als 1734 wieder eine größere Re-
finanzierungsaktion ins Haus stand, nahm Karl
VI. eine Anleihe bei dem Amsterdamer Bank-
haus Willem Gideon Deutz auf. Als Sicherheit
diente der schlesische Kontributionsfond, der
durch die Zahlungen der Fürsten und Stände
Schlesiens gespeist wurde, daher wurde das Pa-
pier als Schlesische Anleihe bezeichnet. Als der
allgemeine Zins sank, entschloss man sich, 1736
eine Konvertierungsoperation vorzunehmen.
Die neue Schuldverschreibung lautete über 3,5
Millionen Gulden und musste nur noch mit 5
Prozent, statt 6 Prozent bei der Vorgänger-Anlei-
he, verzinst werden. Die scheinbar sichere An-
leihe war ein großer Erfolg: Innerhalb von zwei
Monaten war das Kapital vollständig gezeichnet.
In den ersten Jahren konnten die Zinsen regel-
mäßig durch die Stände Schlesiens aufgebracht
werden. Dies änderte sich allerdings schlagartig,
als die schlesischen Gebiete nach dem Krieg zwi-
schen Maria Theresia, der Tochter und Nachfol-
gerin Karl VI., und Friedrich dem Großen 1742
geteilt und an Preußen abgetreten werden mus-
sten. Die Zinszahlungen wurden eingestellt und
die Anleihegläubiger verloren ihren gesamten
Einsatz.
Mindestgebot / minimum bid:
500 €
Los 848
VF
Maria Elenora Gräfin Volkra geb. Gräfin von
Mollarth
Wien, 30.12.1717, Zession einer Forderung
über 2.600 Gulden, o. Nr., ausgestellt von Ma-
ria Elenora Gräfin Volkra für ihren Bruder, Pe-
ter Ernst Reichsgraf von Mollard, 45,5 x 72 cm,
schwarz, beige, handschriftlich auf Tierhaut, gro-
ßes Holzsiegel (Wachs teils herausgebrochen),
1...,84,85,86,87,88,89,90,91,92,93 95,96,97,98,99,100,101,102,103,104,...117