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Los 537 Commerzbank I. W. Junker & Co. / Ban- que de Commerce I. W. Junker & Cie.Moskau, 1912, Aktie der 5. Emission über 250
Rubel, #43200, 30 x 23,2 cm, braun, beige,
schwarz, Stempel, Knickfalte quer, Erhaltung EF, drei-
sprachig: Russisch, Französisch, Deutsch,
uns bisher
unbekannte Emission, Einzelstück aus einer alten
Sammlung!
Faksimile-Signaturen der Vorstände Wil-
helm Lehmann (Wassilij Adolfowitsch, Vorsitz), Fried-
rich Karl Junker (Fjodor Fjodorowitsch), Wilhelm Ge-
org Winterfeldt (Wassilij Jegorowitsch), Bernhard Karl
Wilhelm Junker (Boris Fjodorowitsch), Heinrich Boc-
kelmann (Andrej Andrejewitsch). Heinrich Bockel-
mann war der Großvater des deutschen Sängers Udo
Jürgens (dessen bürgerlicher Name Udo Jürgen Boc-
kelmann ist). Bockelmann war in den letzten Jahren
vor dem Krieg der Erste in der Führungsmannschaft
der Bank. Er wurde als Bürger der Feindmacht wäh-
rend des Krieges erst interniert und danach nach
Schweden ausgewiesen. R12!
Das Bankhaus Junker & Co., kurz „Junker-Bank“ ge-
nannt, war das drittgrößte unter den „großen Vier“ im
Moskauer Bankengewerbe, und zwar zusammen mit
der „Moskauer Kaufmannsbank“ (Kupecheskij Bank),
der „Union Bank“ und der „Moskauer Bank“ der Brü-
der Rjabuschinskij. Gründervater war der Futteralma-
cher Johann Wilhelm Junker (1797-1847). Er wanderte
1818 aus Göttingen nach St. Petersburg aus. Zuerst ar-
beitete er als Angestellter in einem Galanteriewaren-
geschäft. 1819 übernimmt er das Unternehmen seines
Prinzipals und meldet eine eigene Handelsfirma an.
1824 war ihm auf seinen Ruf hin auch sein Bruder
Adolf Friedrich nach Russland gefolgt. Dieser war von
Beruf Buchbinder. Johann Wilhelm machte mit ihm eine Hutfabrik in St. Petersburg auf. 1832 folgte eine zweite Hutfabrik in Moskau
und noch etwas später gründeten sie in jeder der beiden Städte auch noch eine Kerzenfabrik. Der Wendepunkt zum Bankgewerbe ge-
schieht 1839. Iwan Wassiliewitsch, wie sich Johann Wilhelm mit seinen russifizierten Vor- und Vatersnamen nannte, hatte eine erkleck-
liche Summe Eigenkapital angespart, das es ihm ermöglicht, zuerst ein Wechseldiskontkontor zu eröffnen. Auch seine Bank- und
Wechseldiskontgeschäfte betrieb Junker in beiden Städten, also sowohl in Moskau als auch in St. Petersburg. Im Jahr 1846, als sein Ver-
mögen durch glückliche Bankgeschäfte fast eine halbe Million Rubel erreicht hatte, wurde der Schwerpunkt weg von den Produktions-
betrieben auf die Bankgeschäfte gelegt. 1875 wurden die Produktionsfirmen für Hüte und Kerzen verkauft. Nach Johanns Tod 1847
übernahmen seine Brüder Ludwig (Lew Wassiliewitsch) und sein Bruder Friedrich Wilhelm (Fjodor Wassiliewitsch) das Bankgeschäft.
Der deutschstämmige Moskauer Bürger Karl Johann (Karl Iwanowitsch) Röder wurde ebenfalls Teilhaber des Bankhauses „J.W. Junker
& Co.“ Die Bank wurde bis 1873 als „Handelshaus“ in Form einer Personengesellschaft geführt. 1873 wandelten die Eigentümer die
Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft (Towarischtschestwo) um. Daraus entstand dann 1911 die Aktiengesellschaft, die das
hier beschriebene Aktienzertifikat herausgegeben hat. Die Gesellschaft erwirbt das Haus am Moskauer Kusnetzki Most Nr. 10 (später
unter geänderter Nummerierung das Haus Nr. 18) und konzentriert sich von nun an ausschließlich auf das Bankgeschäft. Ab 1901 tritt
schon die dritte Generation mit Alexander (Fjodorowitsch) Junker ein, der allerdings bereits 1904 stirbt. Nach seinem Tod ihm folgen
seine Brüder Bernhard Karl Wilhelm (Boris Fjodorowitsch) Junker und Friedrich Junker jr. (Fjodor Fjodorowitsch); beide haben die die
vorliegende Aktie mit unterzeichnet. Das Bankhaus Junker betätigte sich, wie schon bei der Gründung durch Johann Wilhelm Junker,
in erster Linie mit dem Wechseldiskontgeschäft. Ein weiterer Schwerpunkt war das Kommissionsgeschäft mit Wertpapieren. Außerdem
nahm die Junker-Bank zusammen mit den großen St. Petersburger Aktienbanken an vielen Emissionssyndikaten zur Neugründung
von Aktiengesellschaften und bei Börsengängen von bereits bestehenden Industrie- und Handelsunternehmen teil. Sehr aktiv half die
Junker-Bank deutschen Firmen, eigene Zweigbetriebe in Russland zu eröffnen, wie z.B. der BASF im Jahre 1874. Die Bank unterhielt
eine eigene Filiale in London und hatte beste Kontakte zu führenden Bankhäusern in Westeuropa. Ganz besonders eng war die Bezie-
hung zu Arthur von Gwinner von der Deutschen Bank. Auf diese Weise war Junker & Co. in der Lage, umfasste-send bei der Platzie-
rung von russischen Staatsanleihen und Pfandbriefen der staatlichen Hypothekenbanken im westlichen Ausland mitzuwirken, womit
die Junker-Bank nicht nur gute Gewinne, sondern auch große Prestigeerfolge erzielte. Die Bank hielt daneben ein großes eigenes Akti-
enportefeuille und besaß größere Beteiligungen an einer Reihe von Textilmanufakturen, Versicherungsgesellschaften, Brauereien und
anderen Industrie-betrieben in Moskau und Umgebung. Die Junkerbank übernahm 1912 die Commerzbank zu Pskow (Pleskau). Zur
Finanzierung dieser Übernahme wurde das Kapital im gleichen Jahr durch 2 Emissionen erhöht, und zwar die vierte Emission vom 20.
Mai 1912, und die fünfte am 26. August 1912, bei der das Kapital um 5.000.000 bzw. 8.500.000 Rubel erhöht wurde. Aus der 4. Emission
stammt die vorliegende Aktie. Es existieren von dieser 4. Emission auch vereinzelte, nicht eingelöste Subskriptionszertifikate der Jun-