Einleitung
Sehr geehrte Damen und Herren,
herzlich willkommen auf unserer Zeitreise durch fünf Jahrhunderte
Finanzgeschichte. In dem vorliegenden Katalog präsentieren wir
Ihnen die 50 herausragendsten, interessantesten, für die wirtschaft-
liche Entwicklung bedeutendsten sowie die seltensten Historischen
Wertpapiere unserer Auktion. Mit Hilfe der vorliegenden Wertpapiere
wurden kühne Projekte finanziert, Visionen in die Tat umgesetzt und
der Lauf der Geschichte entscheidend geprägt. Alle angebotenen
Wertpapiere hatten eine Finanzierungsfunktion. Hinter ihnen standen
wagemutige Investoren auf der einen und nicht minder risikobereite
Unternehmer auf der anderen Seite. Diese Kombination aus Finanzier
und Macher ist es, die erfolgreiche Unternehmen hervorgebracht hat.
Finanzierbar waren diese wagemutigen Unternehmungen nur, da sie auf viele Schultern verteilt wurden. Ein sehr schönes Beispiel
hierfür ist die 1839 ausgegebene Aktie der Warschau-Wiener-Eisenbahn-Gesellschaft. Sie zeigt, dass es bereits vor 174 Jahren einen
globalen Finanzmarkt gab. Von den 5.000 Gründeraktien wurden 1.500 Aktien bei den Gründern und Sponsoren in Warschau, 1.500
in London und weitere 2.000 Aktien in Wien platziert. Dies hatte auch Auswirkungen auf die Gestaltung der Aktienzertifikate: Sie
waren dreisprachig. Der Aktientext war in Deutsch, Polnisch und in Russisch verfasst und der Nominalwert war in britischen Pfund
sowie in Zloty angegeben. Die Aktienzertifikate dienten jedoch nicht nur als Sprachmittler, sie warben auch für eine Investition.
Daher waren die Zertifikate oftmals sehr dekorativ gestaltet. Ein hübsches Papier sollte eine hübsche Investition versprechen.
Dem positiven, die Innovation und die wirtschaftliche Entwicklung beschleunigendem, Momentum
von Aktien und Anleihen steht aber auch eine mahnende Seite gegenüber. Die Ausgabe von Anleihen
ist - zumindest kurzfristig gedacht, und Politiker denken in der Regel kaum über die nächste Wahl
hinaus - eine Möglichkeit, Mittel zu erhalten, die gar nicht erwirtschaftet werden. Damit nimmt man
eine Hypothek auf die Zukunft auf. In diesem Katalog sehen Sie zahlreiche Beispiele dafür, wie mit
geborgtem Geld die aktuelle Lage erträglicher wurde, die künftigen Probleme aber noch größer.
Ob die Reichsstadt Augsburg in Deutschland, Kasan und Krémentchoug in Russland oder Libau in
Lettland. Bezahlt haben die Rechnung entweder die Bürger über künftig höhere Steuern - Zins und
Tilgung mussten ja aufgebracht werden, oder die Bürger, welche die Anleihen gezeichnet haben und
am Ende ganz oder teilweise auf ihr Geld verzichten mussten.
Wird geborgtes Geld sinnvoll verwendet, kann es aber auch einen ungeheuren Schub auslösen. So
finanzierte Shanghai Volkswagen, an der die deutsche VW auch beteiligt ist, über die Ausgabe von
Anleihen ein enormes Wachstum. Bereits 100 Jahre vorher finanzierten inAmerika zahlreiche Eisen-
bahngesellschaften ihre rasante Expansion. Und vor fast 200 Jahren nutzten sogar irische Schafzüch-
ter die Kraft des Kredits um schnell eine große Herde an Merinoschafen aus Spanien ins Land zu
holen, die Wolle zu verarbeiten und so zahlreiche Arbeitsplätze zu schaffen. Das Beispiel der Merino Factory zeigt sehr schön, wie
mit geliehenem Geld auch die soziale Entwicklung vorangetrieben werden kann. Die finanziellen Mittel ermöglichten zahlreiche
soziale Aktivitäten, was oftmals zu einem sozialen Aufstieg der arbeitenden Kinder führte.
Auch Revolutionen wurden mit Wertpapieren finanziert: Sun Yat-Sen, Gründer der Republik China, finanzierte den Kampf im Un-
tergrund über die Ausgabe von Anleihen. Anders ein deutscher Revolutionär: Robert Blum kannte Wertpapiere, wollte ursprünglich
selbst eine Aktiengesellschaft für seinen Buchhandel gründen, für seine revolutionäre Idee setzte er jedoch lieber auf die Kraft seiner
Stimme denn auf finanzielle Mittel.
Sie sehen, viele der mit Hilfe unserer alten Aktien und Anleihen finanzierten Pro-
jekte und Firmen haben das Bild unserer Welt entscheidend mitgeprägt.
Damit sind wir am Ende unserer kleinen Reise durch fünf Jahrhunderte Finanz-
geschichte angekommen. Wir laden Sie herzlich zu unserer Versteigerung dieser
50 Zeitzeugen von Hausse und Baisse ein. Die Auktion findet am 20. April 2013
ab ca. 13.10 Uhr (Beginn der Hauptauktion um 10.00 Uhr) statt. Nutzen Sie diese
einzigartige Gelegenheit und schreiben Sie Ihr eigenes Kapitel Finanzgeschichte.
Viel Freude wünscht Ihnen
Matthias Schmitt
1,2 4,5,6,7,8,9,10,11,12,13,...68